Vor über einem Jahr wurde vom Deutschen Bundestag das Gesetz gegen unseriöse Praktiken verabschiedet, umgangssprachlich auch das Anti-Abzocke Gesetz genannt. Das Anti-Abzocke Gesetz soll die Bürger in drei Bereichen schützen, und zwar vor horrend teuren Abmahnungen, unangenehmen Werbeanrufen und auch vor unseriösen Inkassopraktiken.
Was ist aus der Umsetzung dieses für die Verbraucher so wichtigen Gesetzes geworden? Ist es tatsächlich einfacher geworden, sich zur Wehr zu setzen? Kann das Anti-Abzocke Gesetz wirklich das halten, was der Gesetzgeber versprochen hat?
Nervige Werbeanrufe
Fast jeder kennt das, das Telefon klingelt, die Nummer ist unterdrückt und es meldet sich eine freundliche Stimme, die mitteilt, dass man in einem Gewinnspiel gewonnen hat. Für viele klingt das so verlockend, dass sie bereitwillig persönliche Daten und sogar die Kontodaten herausgeben. Viel zu spät wird dann aber bemerkt, dass man für viel Geld einen Vertrag oder ein Abo abgeschlossen hat. Das Anti-Abzocke Gesetz sieht in einem solchen Fall vor, dass die unfreiwilligen Gewinnspielteilnehmer das Recht auf eine schriftliche Bestätigung haben, denn telefonisch geschlossene Verträge sind nicht rechtsgültig. Zudem sind Werbeanrufe mit einer unterdrückten Rufnummer verboten und wer es trotzdem versucht, dem droht eine Geldstrafe bis zu 300.000 Euro.
Geahnet werden diese Anrufe aber meist nicht, denn dafür fehlen die technischen Möglichkeiten, damit die zuständige Bundesbehörde auch effektiv gegen die Betrüger vorgehen kann.
Unliebsame Inkassomethoden
Bevor das Anti-Abzocke Gesetz in Kraft trat, wurde es fragwürdigen Inkassounternehmen sehr leicht gemacht. Wenn sie im Auftrag eines vermeintlichen Inhabers einer Forderung tätig wurden, dann mussten sie gegenüber den Verbrauchern nichts über sich verraten. Durch das Anti-Abzocke Gesetz hat sich diese Lücke geschlossen. Heute muss das erste Schreiben des Inkassounternehmens den Namen des Auftraggebers und den Grund der Forderung nennen. Was aber noch wichtiger ist, wenn der Verbraucher danach fragt, dann muss das Inkassounternehmen auch die Anschrift des Auftragsgebers nennen. Wenn der Verbraucher der Meinung ist, dass es sich um einen Betrug handelt, dann sollte er immer nach der ladungsfähigen Adresse fragen. Wenn das Inkassobüro keine Auskunft über diese Anschrift geben will, dann kann man davon ausgehen, dass sie Angst vor strafrechtlicher Verfolgung haben.
Überteuerte Abmahnungen
Das Anti-Abzocke Gesetz hat auch eine Regelung für das Problem der überteuerten Abmahnungen gefunden. In den vergangenen Jahren wurde Deutschland von Abmahnungen praktisch überschwemmt. In der Hauptsache ging es dabei um Musik und Videos aus dem Internet, denn wer beides mit anderen im Netz teilt, der begeht nach dem Gesetz eine Verletzung der Urheberrechte. Die Konsequenz aus diesem Verhalten war, dass die Musikverlage und Plattenlabel Unmengen von Abmahnungen verschickt haben. Den Verbraucherschützern wurde sehr schnell klar, dass daraus vor allem für die Anwälte ein sehr lukratives Geschäft geworden ist. Nicht selten sollten diejenigen, die abgemahnt wurden, 1.000 Euro und mehr bezahlen, und das stand nicht mehr in einem normalen Verhältnis zum eigentlichen Streitwert.
Mit dem Anti-Abzocke Gesetz wurde festgelegt, dass der Streitwert nicht mehr als 1.000 Euro und die Abmahnungen nicht mehr als 124,- Euro ausmachen dürfen. Leider greift hier das Anti-Abzocke Gesetz nur bedingt, denn die Anwälte belassen es nicht bei den gesetzlich vorgeschriebenen 124,- Euro, sie stellen auch noch horrend hohe Gebühren und Schadensersatzforderungen in Rechnung. Lag eine Forderung nach Schadensersatz vor dem Anti-Abzocke Gesetz zwischen 300,- und 400,- Euro, so sollen heute Summen zwischen 600,- und 750,- Euro gezahlt werden.
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