Offene Immobilienfonds – es gibt ein Luxusproblem

Normalerweise hat man ein Problem, wenn zu wenig Geld da ist, offene Immobilienfonds haben aktuell aber ein ganz anderes Problem, sie ersticken förmlich in zu viel Geld. Einige der Fonds wissen einfach nicht, wohin mit dem Geld, das ihnen die Kapitalanleger in der Hoffnung auf große Gewinne anvertrauen und sehen sich daher gezwungen, kein Geld mehr von den Anlegern anzunehmen. Aber nicht nur die Menge an Geld macht den offenen Immobilienfonds zu schaffen, sie haben mittlerweile auch Schwierigkeiten damit, geeignete Objekte zu finden.

Offene Immobilienfonds nehmen immer mehr Geld ein

Schon im ersten Quartal des Jahres nahmen die offenen Immobilienfonds netto rund 2,8 Milliarden Euro ein. Im Vergleich dazu waren es im gesamten Jahr 2015 nur 5,3 Milliarden und im Jahr davor nur 3,9 Milliarden Euro. Analysten rechnen damit, dass in diesem Jahr das Volumen noch weiter zunehmen wird, und das ist ein Grund, warum viele Fonds jetzt erst einmal keine neuen Investoren mehr aufnehmen. Offene Immobilienfonds, die aber noch Kunden annehmen, müssen mit einer Flut von Geld rechnen, dass sie kaum noch bewältigen können. Auch die Aussichten auf geeignete Objekte sind mehr als dürftig geworden und das macht das Geschäft noch schwerer.

Schuld sind die Zinsen

Es ist die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die offene Immobilienfonds für Investoren so interessant macht. Die EZB möchte die schwächelnde Konjunktur in Europa wieder ankurbeln, für die Anleger bedeuten die niedrigen Zinsen aber ein echtes Desaster, denn sie finden kaum noch Möglichkeiten, um ihr Geld gewinnbringend anzulegen. Während es in Europa keine Zinsen mehr gibt, können Anleger in den immerhin zwischen 0,25 und 0,5 % Zinsen bekommen, jedoch auf dem amerikanischen Markt zu investieren, bedeutet nicht selten ein hohes Risiko. Jetzt wollen viele Kapitalanleger auf den Immobilienmarkt flüchten, aber sie finden mehr und mehr verschlossene Türen vor.

Investieren um jeden Preis

Da die Anleger offene Immobilienfonds als neue Geldanlage für sich entdeckt haben, steigen bedingt durch die immer größer werdende Nachfrage die Preise für Wohnungen, aber vor allem für Bürogebäude in schwindelerregende Höhen. Alle, die nicht direkt in Wohngebäude, in Büros oder in Eigentumswohnungen investieren möchten, Anteile an Immobilienfonds, denn dort sind die Renditen deutlich höher als beim klassischen Tages- oder Festgeld. Jetzt fallen auch noch die Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren weg und der Run auf offene Immobilienfonds geht weiter. Anders als die Klassiker unter den Anlageprodukten, sind die Renditen für offene Immobilienfonds mit drei Prozent in den letzten zehn Jahren immer konstant geblieben.

Das Volumen wird vergrößert

Die Fonds müssen sich jetzt etwas einfallen lassen und sehen sich gezwungen, über den Tellerrand zu schauen und nicht mehr nur regional nach neuen Investitionsobjekten zu suchen. Zwar stehen regionale Immobilien nach wie vor sehr hoch im Kurs, aber viele Fonds strecken ihre Fühler jetzt auch nach Nord- und Mittelamerika aus. Auch das ferne Australien ist plötzlich in den Fokus gerückt und selbst Immobilien in sogenannten B-Lagen sind kein Tabu mehr. Es gilt genug Objekte für die renditehungrigen Investoren zu finden, um niemanden mehr abweisen zu müssen. Beliebt sind auch Einzelhandelsimmobilien und Hotels aller Preisklassen, sogar Lagerhallen werden gerne für offene Immobilienfonds genutzt.

Keine andere Wahl mehr

Die Fonds müssen schon sehr verzweifelt sein, denn auch zweitklassige Immobilien werden mittlerweile angeboten. Diese Immobilien sind für die Anleger offenbar immer noch attraktiver als die Nullzinsen, die sie für klassische Anlageprodukte bekommen. Wer jetzt aber blindlings investiert, der wird das unter Umständen schnell bereuen, denn es kann passieren, dass sich der Immobilienmarkt stark abkühlt und dann sind die zweitklassigen Objekte als erste betroffen. Die Gefahr der Leerstände steigt, außerdem werden die Mieten sinken und die Preise für diese Immobilien sehr schnell verfallen.

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Ulrike Dietz